Michael Hoffmann

Geburtsdatum: 15.05.1911 Lissendorf
Sterbedatum: 24. Juli 1940 Andernach
Stolperstein: Peter-Friedhofen-Straße, Krankenhaus der Barmherzigen Brüder (Eingangstor), verlegt 08.09.2016

Stolperstein Michael Hoffmann,Trier, Peter-Friedhofen-Straße 7, Verlegt  08.09.2016

Abb. 1 Trier, Peter-Friedhofen-Straße 7. Verlegt 08.09.2016

Die Identifizierung von Michael Hoffmann als Psychiatriepatient basierte auf einer im Landeshauptarchiv Koblenz ausgewerteten Krankentransportliste des Datums 15. August 1939. An diesem Tag fuhr ein Autobus von dem Trierer Krankenhaus der Barmherzigen Brüder einen Sammeltransport mit Patienten ihrer Psychiatrieabteilung nach Andernach in die dortige Heil- und Pflegeanstalt. In dem mit mindestens 70 Personen vollbesetzten Autobus saßen hinter milchverglasten Scheiben außer Michael Hoffmann achtzehn weitere Kranke, deren Schicksal durch das bisherige Gedenkprojekt bekannt wurde (Nachnamen wie folgt): Baden, Becker, Besslich, Hemgesberg, Jakobs, Koch, Koster, Laloire, Maes, Martini, Masselter, Meyer, Mischo, Müller, Stadtfeld, Valentin, Wetzstein und Zender.

Weitere biografische Angaben über Michael Hoffmann waren seiner Patientenakte im Landeshauptarchiv Koblenz zu entnehmen. Seine Eltern stammten beide aus Lissendorf. Seine Mutter Katharina, eine geborene Victoris, und sein 1928 bereits an einer Blinddarmentzündung verstorbener Vater Peter Hoffmann. Michael Hoffmann war von Beruf „Landwirt“, katholischer Konfession, nicht verheiratet und „kinderlos“ geblieben.

Am 19. Oktober 1931 wurde Michael Hoffmann von dem Amtsarzt beim Gesundheitsamt Daun wegen „Schizophrenie“ nach Trier in die Psychiatrieanstalt (des Krankenhauses) der Barmherzigen Brüder eingewiesen. Das Aufnahmeprotokoll seiner Patientenakte enthält das Vermerk: „Mutter und Geschwister gesund. Nichts Abnormes aufgefallen.“

Eine Woche später, am 26. Oktober 1931, begründete der Gerichtsarzt Baumgarten in Trier die Anstaltsbedürftigkeit. Allerdings vermochte Baumgarten in seinem ausführlichen Gutachten eine genaue Diagnose über die Art und Ursprünge der Geisteskrankheit nicht abzuleiten:

„Hoffmann….ist durch Versündigungs- und Beziehungsideen, optische Halluzinationen und zeitweise auftretende Erregungszustände aufgefallen. Gelegentlich der Untersuchung verhielt er sich völlig ablehnend. Sein Gesichtsausdruck war völlig misstrauisch und ängstlich. Er versteckte sich unter der Bettdecke, unter welcher sein Körper zuweilen zitterte. Auf die gestellten Fragen gab er niemals eine ausführliche Antwort….Hierbei sprach er leise, dass er kaum zu verstehen war….Die körperliche Untersuchung ergibt keine wesentlichen Krankheitszustände. Offenbar leidet Hoffmann an einer durch Beeinträchtigungsvorstellungen ausgezeichneten und mit einer Störung des Gemütslebens einhergehenden psychischen Erkrankung. Wenn auch wohl erst bei einer längeren Beeinträchtigung auf der Abteilung die Natur der vorliegenden Erkrankung diagnostiziert werden kann, so unterliegt es keinem Zweifel, dass Hoffmann zu seinem eigenen Schutz der Behandlung i einer geschlossenen Anstalt bedarf.“

Gezielte psychotherapeutische Maßnahmen wurden an ihm nicht durchgeführt, war doch der Zweck der Anstaltsunterbringung von Schizophrenie-Patienten wie ihm keine Heilung, sondern eine gezielte Selektierung und Vernichtung.

Diese Prioritätensetzungen spiegeln sich sehr deutlich in der Krankenakten von Michael Hoffmann. Gewalttätige Ruhigstellungen unter Mithilfe mehrerer Krankenpfleger und bzw. in Kombination mit Morphium-Injektionen sind ebenso belegt wie intubierende Zwangsernährung (vgl. Eintragung vom 13. Januar 1932, dort „Fütterung mit dem Schlauch“). Symptomorientierte Abwertungen seiner Person in moralischer oder in Bezug auf seine Arbeitsfähigkeit durchziehen seine Patientenakte von Anfang bis Ende. Am 24.11.1937 wird er charakterisiert als ein „verschlossener, in sich gekehrter Schizophrener, der viel vor sich dahin spricht. Äußerlich verschroben und manieriert.“ (siehe ebenso Eintragungen der Jahre 1933 (26.5.), 1935 (25.11), 1937 (5.7. ) und 1938 (8.2.).

Die absolute Geringschätzung als geistesgestörter, von daher unheilbar kranker Nichtsnutz spricht ebenso aus den wiederholten Eintragungen über seinen „unveränderten Befund“ bzw. „o.B.“ Nachdem er zu Beginn ab und zu leichtere Tätigkeiten wie unter anderem „in der Kartoffelschälküche“ hätte ausführen können, protokollierte der aktenführende Arzt bzw. Pfleger ab 1934-1936 an dem Patienten Hoffmann absolute Arbeitsunfähigkeit („arbeitet nichts mehr“ am 30.5.1934 bzw. am 22.10.1936 ist „zu selbstständigen Arbeit völlig unbrauchbar“).

Durch den eingangs erwähnten Sammeltransport nach Andernach, der mit den nachfolgenden die Freiräumung der gesamten Psychiatrieabteilung im Brüderkrankenhaus einleitete, sollten Bettenkapazitäten des für die Zeit des zweiten Weltkrieges errichteten Militärhospitals geschaffen werden. Wie in anderen sogenannten „Zwischenanstalten“ stieg die Sterblichkeit in Andernach infolge systematischer Mangelversorgung (Medizin, Nahrungsmittel, Hygiene) auf Werte, die bereits damals auf ein gezieltes Ermorden der Geisteskranken schließen lassen. Zur Verschleierung schrieben die Anstaltsärzte in den von ihnen ausgestellten Sterbebeurkundungen gefälschte Todesursachen auf. Am 24. Juli 1940 starb Michael Hoffmann im Alter von 39 Jahren in Andernach, angeblich um 7 Uhr Morgen. In seiner Sterbeurkunde notierte der unten genannte Anstaltsarzt auf dem vorgefertigten Formblatt als Todesursache „Lungentuberkulose.“

In der Patientenakte von Michael Hoffmann befinden sich an mehreren Stellen deutliche Hinweise auf eine bereits infolge der Überbelegungen der ersten Euthanasiephase bedingte Fehlerhaftigkeit in der Aktenführung. Ganz offensichtlich war das Verwaltungspersonal der Pflegeanstalten mit der in größter Eile angeforderten Verzeichnung der Verlegungslisten überfordert. Bei Patienten mit sehr häufig vorkommenden Familiennamen kam bereits bei den ersten Sammeltransporten im Spätsommer 1939 immer wieder zu Falscheintragungen aufgrund von Namensverwechselungen. Bei der Aufarbeitung der Biografie von Wilhelm Besslich konnte diese Art Akten-Führungsfehler erstmals belegt werden. Auf der Namensliste jenes Bustransportes, mit dem Wilhelm Besslich von Trier nach Andernach „überführt“ worden war, war zuerst fälschlicherweise ein anderer Patient gleichen Namens angegeben worden.

In der Krankenakte von Michael Hoffmann findet sich unter dem Datum des 5.12.1939 ein Eintrag über einen chirurgischen Eingriff (Abszess-Entfernung in der Mundhöhle) an einem Patienten mit dem Namen Wilhelm Hoffmann. Außer an dem falschen Vornamen war dieser Aktenführungsfehler auch belegbar anhand der inhaltlichen Unstimmigkeit, dass in den vorausdatierten Eintragungen keinerlei Angaben über bakterielle Entzündungen notiert worden waren.

Als eindeutig mordverschleiernde Eintragungen sind hier aber diejenigen einzuschätzen, bei denen es sich nachweislich um rückdatierte Falschangaben über die im unmittelbaren Zeitfenster des Sterbeverlaufes vorgekommenen Ereignisse bzw. Befindlichkeiten handelt. Diese absichtsvolle Dokumentenmanipulation war in der Krankenakte von Michael Hoffmann nicht allein erkennbar an der erwähnten Sterbebeurkundung auf einem vorgefertigten Formblatt, auf dem jeweils anzugebende Sterbeursachen vorweg nur mehr zum Ankreuzen oder Unterstreichen angegeben waren (siehe unten Krankenakte, Sterbefalleintragung mit Datum 24. Juli 1940).

Entgegen der diesbezüglichen Eintragung vom 1.6.1940 hatte die Mutter von Michael Hoffmann dieses angeblich gleichen Datums von der Anstaltsleitung an sie abgeschicktes Schreiben niemals erhalten, in welchem die Ärzte sie über den Zustand ihres Sohnes informierten. Warum sonst hätte sie eine Woche später, am 8. Juni 1940, an die Anstaltsleitung in einem Brief die explizite Bitte vorbringen müssen, „mir einmal mitzuteilen, wie es mit dem Befinden meines Sohnes Michel Hoffmann steht und was Sie von seiner jetzigen Krankheit halten.“ Das umseitig von einem nicht genannten Schreiber als Briefentwurf verfasste Antwortschreiben, ihr Sohn wäre noch „auf unbestimmte Zeit anstaltsbedürftig“, war ebenso gewiss eine nachträgliche Vortäuschung einer tatsächlich nicht geführten Korrespondenz. Nämliches trifft zu für die angebliche Benachrichtigung über den Tod ihres Sohnes, den das Sonderstandesamt in Andernach unter dem Datum des 24. Juli 1940 dokumentiert hatte. Laut der in der Akte enthaltenen Sterbeanzeige war der Ortsbürgermeister von Lissendorf zwei Stunden nach dem beurkundeten Sterbedatum zur Benachrichtigung der Angehörigen aufgefordert worden. Derselbe hätte bereits 40 Minuten später geantwortet und angeblich bereits die Überführung des Leichnams nach Lissendorf mit den Angehörigen abgesprochen.

Als Verfasser der für das Sonderstandesamt maßgeblichen Sterbeanzeige ist auf dem entsprechenden Formblatt erwähnt ein „Dr. Wesse“. Jener war der in aktuellen Forschungen als aktiver Mordarzt der Euthanasie-Aktion T 4 eingestufte Psychiater Dr. med. Hermann Wesse (1912-1989, über ihn vgl. Kinast 2010, S. 82-98). Am 22. April 1940 war er nach Andernach versetzt worden, wo er seine Ehefrau Hildegard Wesse (1911-1997) kennenlernte. Zwischen 1941 und 1943 wirkten beide aktiv mit an dem in der Kinderfachklinik Waldniel-Hostert an kleinen Kindern begangenen Massenmord.

Nachweisliche Belege der mordverschleiernden Aktenführung sind schließlich die drei Anfragen des Gesundheitsamtes Daun an die Anstaltsleitung in Andernach. Diese datierten alle nach dem am 24.7.1940 beurkundeten Todestag. Anscheinend war der zuständige Amtsarzt in Daun über das Ableben von Hoffmann nicht informiert worden. Anlass seiner ersten Anfrage vom 3. August 1940 war die Bitte von Hoffmanns Mutter, die das genaue Datum des laut ihrer Angabe bereits „vor Monaten“ in Andernach verstorbenen Sohnes hatte erfahren wollen. Der zuständige Amtsarzt beim Gesundheitsamt in Daun war offenbar bis dahin noch nicht einmal über die Verlegung Hoffmanns von Trier nach Andernach informiert worden, weshalb er die beiden Anfragen vom 28. Februar und vom 7. März 1941 an das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Trier richtete.

Als Schreiber dieser abermals fingierten Antwortschreiben genannt sind zwei weitere in der Euthanasie-Forschung als Mittäter ausgemachte Ärzte benannt: Der Medizinalrat Dr. med. Ewald Kreische (1900-1968) und der Anstaltsdirektor Dr. Johann Recktenwald (1882-1964).
 

Dokumentation der Krankengeschichte von Michael Hoffmann anhand seiner Patientenakte (Auszüge)

13.1.1932 Lebt stumpf dahin. Ohne Antrieb. Muss immer zum Essen gedrängt werden. Zeitweise Fütterung mit dem Schlauch. Hatte vorgestern von seinem Onkel Besuch. Redet nichts. Beim Abschied weint er kurze Zeit.
 
18.4.1932 Wehrt sich beim Ausziehen. Schimpft mit Aufbietung aller Stimmkräfte auf die Brüder. Droht mit Schlagen. Nimmt gegen Brüder und Arzt drohende Haltung ein. Mit großer Mühe und mit vereinten Kräften gelingt es, ihm eine Injektion Morphium-Kyoscin zu machen. Erhält Handschuhe. Schläft nach 1 Stunde.
 
16.10.1932 Stumpf, ohne jeden inneren Antrieb, flach euphorische Stimmungslage. Arbeitet i der Kartoffelschälküche. Körperlich o.B. (ohne Befund, T.S.)
 
26.5.1933 Trier: Arbeitet in der Kartoffelschälküche, tritt sonst wenig in Erscheinung, auf affektivem Gebiet ist eine Abstumpfung unverkennbar. Hat stark an Gewicht zugenommen.
 
30.5.1934 Wird zusehends stumpfer und widerspenstiger. Arbeitet nichts mehr. Körperlich o.B.
 
25.11.1935 Psychisch weitgehende verblödet. Körperlich o.B.
 
22.10.1936 Hilft beim Essenholen und kleineren Verrichtungen. Zu selbständige Arbeit jedoch völlig unbrauchbar. Im äußeren Verhalten manieriert, faxig, rennt oft im Eiltempo durch den Saal, rennt alles um, was ihm in den Weg läuft. Autistisch und unzugänglich. Körperlich mäßig, aber ausreichend. Befindet sich auf der Pflegeabteilung 8.
 
5.7.1937: …verlegenes und manieriertes Benehmen, lächelt ganz unmotiviert, verzieht das Gesicht, macht Verlegenheitsbewegungen.
 
24.11.1937 Verschlossener, in sich gekehrter Schizophrener, der viel vor sich dahin spricht. Äußerlich verschroben und manieriert; zieht sich öfter ganz unvermittelt die Kleider aus coram publico, hat allerlei Eigenheiten an sich. In mehrwöchigen Abständen Verstimmungsphasen, in denen er offenbar unter dem Eindruck von Halluzinationen sehr mit sich beschäftigt ist.
 
8.2.1938 Immer noch in der gleichen Verfassung, verschrobener, verkehrter Schizophrener, mit dem keine Verständigung möglich ist. Zuweilen Verstimmungszustände. Ist manieriert, wirkt manchmal komisch.
 
15.12.1938 Ohne jede Änderung….
 
12.5.1939 Gänzlich unverändert.
 
15.8.1939 Nach Andernach überführt.
 
5.12.1939 Dr. H. Lützeler (§Facharzt für Chirurgie“ am Herrn Dr. Krail (Andernach) Bericht über Krankenbehandlung an einem „Wilhelm Hoffmann“ ohne weitere Angaben. Offenbar Verwechselung mit einem anderen Kranken. Bericht über Entfernung und Extrahierung von einem Abszess in der Mundhöhle.“
 
8. Dezember 1939 Andernach: Schreiben von Anstaltsarzt Dr. Ewald Kreisch an den Amtsarzt beim Gesundheitsamt Trier: Hoffmann, Michael, geb. 15.5.1911 in Lissendorf Kreis Trier, ist seit dem 15.8.1939 in der hiesigen Anstalt untergebracht, vorher in der Anstalt der Barmherzigen Brüder untergebracht gewesen. Hoffmann ist einstweilen anstaltsverwahrt. Sollte jemals seine Entlassung in Frage kommen, wird das Erforderliche von hier aus veranlasst werden.
 
1.6.1940 datierte Notiz über angebliche Angehörigenbenachrichtigung des Bürgermeisters von Lissendorf über Verschlechterung des Gesundheitszustandes.
(Angeheftet an Sterbebeurkundungs-Formular vom 24.7.1940, Siehe unten)
 
8.6.1940 Lissendorf: Anfrage (Schreiben) der Wittwe Peter Hoffmann
An den Herrn Direktor der Prov. Heil- und Pflegeanstalt Andernach:
Ich möchte Sie bitten mir einmal mitzuteilen, wie es mit dem Befinden meines Sohnes Michel Hoffmann steht und was Sie von seiner jetzigen Krankheit halten.

Anlage: Handschriftlicher Entwurf des Antwortschreibens n.n. Verfasser:
Ihr Sohn….ist noch für unbestimmte Zeit Anstaltspflege bedürftig. (sic)
 
3. Juli 1940 Scheiben (Entwurf) Direktor der Prov. Heil- und Pflegeanstalt Andernach: An den Herrn Amtsbürgermeister von Lissendorf/Bezirksfürsorgeverband in Birgel. Mit handschriftlicher Unterstreichung in roter Schrift.
Eilt sehr! Es empfiehlt sich für den Fall des Ablebens des hier untergebrachten Michael Hoffmann aus Lissendorf, geb. am 15.5.1911 in Lissendorf die erforderlichen Urkunden (Geburtsurkunde und evtl. Heiratsurkunde) zu den hiesigen Akten zu übersenden.
Da der Genannte dort hilfsbedürftig ist, fallen evtl. Gebühren der dortigen Stelle zur Last. I.A. Rentmeister.

 
24.Juli 1940 Auf vorgefertigtem Formblatt mit Angabe „gez. Dr, Wesse“: Anzeige eines Todesfalles an Lungentuberkulose. Name: Hoffmann, Vorname: Michel, geb. 15.5.1911 aus Lissendorf, Andernach, den 24.7.1940.
 
24.Juli 1940 Formblatt (Masch.Schrift) Sterbebeurkundung, Uhrzeit:
Am 24.7.1940 um 7 Uhr in der Prov. Heil- und Pflegeanstalt Andernach, Adolf Hitlerstr. 55. a)Schizophrenie, b)Lungenturberkulose, c)Marasmus, d)Lungentuberkulose
 
24.7.40 Aktennotiz/Masch.-Schr. 9 Uhr. Bürgermeister von Lissendorf (Simonis) vom Ableben des Hoffmann unterrichtet. Gebeten die Angehörigen zu benachrichtigen. Sollen nach hier mitteilen, wo die Beerdigung stattfindet.
Darunter handschriftliche Ergänzung um 9.40 Uhr: Wird abgeholt (Simonis mitgeteilt) bzw. überführt. 24.7.
 
24. Juli 1940 Der Direktor der Provinzial Heil- und Pflegeanstalt (Entwurf Masch-Sch) an Staatsanwaltschaft Trier: Tageb. Nr. 1672 – als Anlage zur Anfrage Staatl. Gesundheitsamt Daun v. 3. August 1940“ – mit blauem Stempelvermerk 12. August 1940 und handschriftlicher Unterschrift „Dr. Recktenwald.“:
Der geisteskranke Michel Hoffmann, aufgenommen 15.8.1939 aus Lissendorf Krs. Daun, ist am 24. Juli 1940 gestorben. Kataster Nr. 10260 Az 6464 H.
Aktenzeichen der Staatanwaltschaft Trier: Trier, A.Z. ?
(sic, Fragezeichen)
Bemerkung: Die Leiche wurde abgeholt.
 
1.6.40 (auf kleinem Zettel) an vorherige Notiz geheftet: mit Handschrift: „Bitte die Angehörigen von Hoffmann Michael benachrichtigen: Zustand verschlimmert. Besuch jederzeit gestattet.“ Darunter (andere?) Handschrift. „Bürgermeister Simonis verständigt, 1.6.40 11 Uhr 30 Tel. 216 Hillesheim/Eifel
 
3. August 1940 Anfrage Staatliches Gesundheitsamt Daun an HPA Andernach:
Betr. Pflegling Michael Hoffmann aus Lissendorf. Die Mutter gibt in einer Eingabe an, dass der Sohn bereits vor Monaten in der dortigen Anstalt verstorben sei.
Da zu den hiesigen Akten bisher keine Mitteilung erfolgt ist, erbitte ich nähere Angaben evt. Datum des Todestages.“ Darunter Vermerk: „Entl. Anzeige am 12.8.40 übersandt, F. (Siehe oben „Entwurf 24. Juli 1940 Tgb. H. 1672“
 
28.2.1941 und 7.3.1941 Anfrage Staatl. Gesundheitsamt Daun Amtsarzt Rauland an
Betr. Michel Hoffmann geb. 15.5.1911 in Lissendorf, Krs. Daun:
Der Obengenannte soll sich, wie hier bekannt wird, in der Abteilung für Nerven- und Gemütskranke des dortigen Krankenhauses befinden. Angeblich leidet H. an „Irrsinn“.
Ich bitte um geflg. Mitteilung, um welche Art von Geisteskrankheit es sich bei H. handelt., ob und seit wann er in der dortigen Anstalt untergebracht ist.
Ist H. unfruchtbar gemacht worden und wann?
Für gefl. Baldige Erledigung meiner Anfrage wäre ich dankbar.

 
Trier, 7.3.1941 urschriftl. zurück: Hoffmann wurde am 15.8.39 nach der Prov. Heil- u. Pflegeanstalt in Andernach am Rhein überführt. Personalakten und Krankengeschichte wurden mitgegeben.
 
Andernach, 10.3.1941 und 16.3.43 (Sic, T.S.) Prov. Med. Rat Dr. med. E. Kreisch Entwurf an Staatl. Gesundheitsamt Daun (identischer Wortlaut)
„In Erledigung Ihres Schreibens teilen wir Ihnen mit, dass es sich bei der geistigen Erkrankung des Michel Hoffmann, geb. am 15.5.1911 in Lissendorf, Krs. Trier, um eine Schizophrenie gehandelt hat.
H. ist inzwischen am 24.7.1940 in der hiesigen Anstalt verstorben. Die unmittelbare Todesursache war eine Lungentuberkulose. Hoffmann war nicht unfruchtbar gemacht, sondern nur eine Anzeige gem Art. 3 Abs. 4 d. V. zur Ausführung des Ges. zur Verhütung erbkranken Nachwuchses dem zuständigen Amtsarzt zugeleitet worden. Hoffmann befand sich vom 15.8.1939 bis zu seinem am 24.7.1940 erfolgten Tod i der hiesigen Anstalt.“

 

Quellen

Landeshauptarchiv Koblenz: Best. 426,006 Provinzial- Heil- und Pflegeanstalt Andernach Nr. 20753 „Krankentransporte“ Männer A-Z und „Krankentransporte“ Frauen A-Z

Landeshauptarchiv Koblenz Best.426,6 Provinzial- Heil- und Pflegeanstalt Andernach Nr. 5653 Patientenakte Michael Hoffmann
 

Literatur

Stefan Elsener: „….wir waren samt und sonders gegen die Durchführung der Euthanasie-Aktion.“ In: Arbeitskreis zur Erforschung der nationalsozialistischen „Euthanasie“ und Zwangssterilisation (Hrsg.): „….Wir waren samt und sonders gegen die Durchführung der Euthanasie-Aktion. Zur NS-Euthanasie im Rheinland. Münster 2009, S. 131-140

Heinz Faulstich: Hungersterben in der Psychiatrie 1914-1949: mit einer Topografie der NS-Psychiatrie. Freiburg/Breisgau 1998

125 Jahre Rhein-Fachklinik Andernach. Festschrift zum 125-jährigen Gründungsjubiläum 2001

Katja Gesche: Psychiatrie im Nationalsozialismus. Eine akteurszentrierte Policyanalyse. Magisterarbeit. 1999 E-Book (Internet, abrufbar: Inhaltsverzeichnis, Einleitung und Kapitel 1 bis 2.2.)

Günter Haffke (2009): Die Rolle der Provinzial Heil- und Pflegeanstalt Andernach bei der nationalsozialistischen „Euthanasie“. In: Arbeitskreis zur Erforschung der nationalsozialistischen „Euthanasie“ und Zwangssterilisation (Hrsg.): „….Wir waren samt und sonders gegen die Durchführung der Euthanasie-Aktion. Zur NS-Euthanasie im Rheinland. Münster 2009, S. 87-108

Andreas Kinast: „Das Kind ist nicht abrichtfähig.“. „Euthanasie“ in der Kinderfachklinik Waldniel 1941-1942. Köln 2010 (= Dokumente und Darstellungen zur Geschichte des rheinischen Landschaftsverbandes Rheinland Bd. 18)

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