Offener Brief

Forschungsstelle NS-Pädagogik an der Universität Frankfurt am Main muss bleiben und ausgestattet werden – gerade in Zeiten von wachsendem Nationalismus und Rassismus!

An
die Ministerin für Wissenschaft und Kunst des Landes Hessen, Frau Angela Dorn
den Präsident der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Prof. Dr. Enrico Schleiff
die Dekanin des Fachbereiches Erziehungswissenschaften, Prof. Dr. Isabell Diehm

27.04.2021. Es ist unbestritten, dass Nationalismus, Antisemitismus und Rassismus zentrale Gefahren für die bundesrepublikanische Gesellschaft und Demokratie waren und sind. Unbestritten ist auch, dass die Ideologien von Nationalsozialismus und Rassismus im frühen Kindesalter in Schulen und an Universitäten kritisch dekonstruiert werden und demgegenüber die Ideen der gleichen Menschenwürde und gleichen Menschenrechte aller Menschen vermittelt werden sollen.

Die Forschungsstelle NS-Pädagogik an der Universität Frankfurt am Main leistet in diesen Bereichen seit neun Jahren herausragende Arbeit. Die Arbeit der Forschungsstelle ist sowohl für Studierende, Fortbildner*innen, Lehrer*innen und Hochschullehrer*innen als auch für Akteur*innen der Zivilgesellschaft und Wissenschaftler*innen eine tragende Stütze in der pädagogischen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. Die zuletzt tätigen Leiter*innen der Forschungsstelle Z. Ece Kaya und Katharina Rhein haben durch ihre Veranstaltungen, Publikatonen und Lehrvideos einen enormen Beitrag zur Frage des pädagogischen Umgangs mit Nationalsozialismus in der Migrationsgesellschaft sowie zum Verhältnis von Kolonialismus und Nationalsozialismus in der Pädagogik geleistet.

In der Forschungsstelle NS-Pädagogik lagern zum einen unschätzbare Dokumente für die pädagogische Auseinandersetzung mit Nationalismus, Nationalsozialismus, Rassismus und Kolonialismus. Zum anderen ist durch die intensive Forschungs-, Lehr- und Publikationserfahrung der Gründer der Forschungsstelle Micha Brumlik und Benjamin Ortmeyer und die jeweiligen Leitungen und Mitarbeitenden der Forschungsstelle ein materieller Fundus und eine wissenschaftliche und pädagogische Expertise vorhanden, die unter allen Umständen erhalten und ausgestattet werden muss.

Daher rufen wir als Bildungseinrichtungen, zivilgesellschaaftliche Organisationen, Wissenschaftler*innen und Lehrende zu einer personellen, räumlichen und materiellen Erhaltung und Fortführung der Forschungsstelle NS-Pädagogik an der Universität Frankfurt am Main auf!
Die Gesellschaft braucht gegen Nationalismus, Antisemitismus und Rassismus engagierte Pädagogik – gerade jetzt!

Erstunterzeichnende Organisationen und Personen:

Prof. Dr. Claus Melter (FH Bielefeld/ Entschieden gegen Rassismus und Diskriminierung e.V.)
Irith Michelsohn (Vorsitzende, Jüdische Kultusgemeinde Bielefeld K.d.ö.R., Generalsekretärin Union progressiver Juden in Deutschland K.d.ö.R.)
Margret Hamm (Arbeitsgemeinschaft Bund der “Euthanasie”-Geschädigten und Zwangssterilisierten)
Dr. habil. Ingo Harms (Oldenburg)
Prof. Dr. Astride Velho (IU Internationale Hochschule München)
Prof. Dr. Constantin Wagner (Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Prof. Dr. Nivedita Prasad (Alice Salomon Hochschule Berlin)
Prof. Dr.*in Barbara Schramkowski, Duale Hochschule Baden-Württemberg
Tanja Kleibl, Professorin für Soziale Arbeit, Migration und Diversität, HAW Würzburg-Schweinfurt (FHWS)
Prof. Dr. Michael Tunç (HAW Hamburg)
Prof. Dr. Sandro Bliemetsrieder (HS Esslingen)
Dr. jur. Barbara Degen, NS-Forscherin, Bonn
Prof. Dr. Annita Kalpaka, HAW Hamburg
Prof. Dr. Gabriele Fischer, Hochschule München

Ergänzende Informationen:

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Forschungsstelle NS-Pädagogik an der Universität Frankfurt am Main

Nationalsozialismus und Wissenschaft: NS-Forscherinnen müssen gehen
Die Forschungsstelle NS-Pädagogik an der Uni Frankfurt steht vor dem Aus. Verträge der Leiterinnen sind nicht verlängert worden.
TAZ 19.04.21

Große Sorge um den Fortbestand der Forschungsstelle NS-Pädagogik
Mit großer Bestürzung nimmt der AStA der Goethe-Universität die aktuellen Entwicklungen an der 2012 von Prof. Dr. Micha Brumlik und Prof. Dr. Benjamin Ortmeyer gegründeten Forschungsstelle NS-Pädagogik zur Kenntnis.
Pressemitteilung Allgemeiner Studierendenausschuss AStA Goethe-Universität Frankfurt am Main 12.4.2021