Der Bund der „Euthanasie“-Geschädigten und Zwangssterilisierten e.V. wurde 1987 in Detmold gegründet und arbeitet bundesweit. Vor der Gründung des Bundes hatten Zwangssterilisierte und „Euthanasie“-Geschädigte keinen Kontakt untereinander. Während der NS-Zeit war es verboten, über das Erlebte zu reden, aber auch nach der Zeit des Faschismus blieb beiden Opfergruppen diese Isolation.

14. Juli 1933: Erlass des „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“

Am 14. Juli 1933 wurde das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" erlassen. Es trat am 01.01.1934 in Kraft. Es war das erste Rassegesetz der Nationalsozialisten. Auf seiner Grundlage wurden bis 1945 etwa 400.000 Menschen, die an einer körperlichen oder geistigen Krankheit litten oder nur im Verdacht einer solchen standen, zwangsweise sterilisiert. Dieser Verdacht genügte, um die Betroffenen in eine Anstalt einzuweisen. Der größte Teil, der durch Meldebögen und Denunziation erfassten Menschen, war nicht erbkrank. Am 1. September 1939 ordnete Adolf Hitler durch einen persönlichen Erlass den Beginn der bereits geplanten „Euthanasie“ an. In den „Euthanasie“-Gasmordanstalten und anderen Heil- und Pflegeanstalten wurden etwa 300.000 Menschen durch Gas, Medikamente oder gezieltem Verhungernlassen ermordet.

Situation der Betroffenen heute

Zwangssterilisierte und „Euthanasie“-Geschädigte, die durch den nationalsozialistischen Massenmord an Kranken, Behinderten und sozial Stigmatisierten ihre nächsten Angehörigen verloren haben, gehören zu den ausgegrenzten NS-Opfern und sind bis heute nicht den anerkannten NS-Verfolgten gleichgestellt. Sie tragen zudem schwer an dem Vorurteil, sie selbst oder ihre Familien seien „minderwertig“ oder „lebensunwert“ gewesen.

Die Opfer der damaligen Zwangsmaßnahmen sind hochbetagt, viele leben sehr zurückgezogen. In Gesprächskreisen versuchen wir, sie aus ihrer Isolation herauszuführen, damit sie untereinander über ihre Probleme reden können. Wir leisten betreuende Hilfe. Bei Anträgen und Behördenangelegenheiten helfen wir und forschen in Archiven nach Beweisunterlagen.

Durch unsere Arbeit haben wir schon vielen Betroffenen helfen können. Falls Ihnen zwangssterilisierte Menschen oder Angehörige von „Euthanasie“-Opfern bekannt sind, weisen Sie bitte auf unseren Bund hin.

Politische Teil-Erfolge

Am 24. Mai 2007 haben wir endlich die Rehabilitation der Zwangssterilisierten und „Euthanasie“-Geschädigten erreichen können, d. h. sie von dem Stigma zu befreien, in der NS-Zeit als „lebensunwert“ gegolten zu haben und durch das rassistische Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses verfolgt worden zu sein. Die Erklärung, über die im Bundestag in unserem Sinne abgestimmt wurde, hat die Bezeichnung Bundestagsdrucksache 16/3811. Diese Rehabilitation der Zwangssterilisierten und „Euthanasie“-Geschädigten ist, das muss man klar sagen, ein Kompromiss, der mit den Stimmen der CDU/CSU und SPD erreicht wurde.

Die jetzt gültige Rechtssituation geht davon aus, dass das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses nie in der Bundesrepublik Deutschland gegolten habe und dass es von Anfang an nicht mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vereinbar gewesen sei. Man geht aus heutiger Sicht davon aus, dass diese Rechtssituation seit Beginn der Bundesrepublik Deutschland bestanden habe. Dies ist die juristische Sicht aus der Perspektive des Jahres 2007.

Dass die historische Entwicklung eine andere war, haben die Opfer durch die vielen vergeblich geführten Prozesse und die Einschätzung ihres Erlittenen in der Vergangenheit als „nicht-typisches NS-Unrecht“ erfahren.

Die Interpretation dieser Bundestagsdrucksache und die dazugehörenden Kommentare bedeuten für die Opfer außerdem, dass sie ab Mai 2007 als rassisch verfolgte Opfergruppe gelten müssen. Ein seit vielen Jahren angestrebtes Ziel haben wir damit erreicht.

Mehr zur politischen Debatte der letzten Jahre mit allen Texten finden Sie in den Rubriken Rehabilitation und Entschädigung.

Arbeit Bund der „Euthanasie“-Geschädigten und Zwangssterilisierten

2003 entstand unsere neue Wanderausstellung „Lebensunwert – zerstörte Leben“ zum Thema Zwangssterilisation und „Euthanasie“ im NS-Staat (15 Tafeln / DIN A0). Diese Ausstellung kann unter der angegebenen Adresse ausgeliehen werden.

Wir vermitteln Zeitzeugen und stehen für Diskussionen und Führungen durch die Ausstellung zur Verfügung.

2005 ist unser Buch mit einem lebensgeschichtlichen und einem wissenschaftlichen Teil im VAS-Verlag in Frankfurt erschienen. Ende 2006 erschien dort die zweite Auflage und Ende 2008 die dritte Auflage. Das Buch ist über den Handel zu beziehen (Titel: Lebensunwert – zerstörte Leben, Hg. Margret Hamm, ISBN 3-88864-391-0).

Wir verfolgen ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke und sind selbstlos tätig.
Mehr zu unserer Arbeit und unseren Zielen erfahren Sie in der Satzung des Bundes der „Euthanasie“-Geschädigten und Zwangssterilisierten.

Wichtiger Hinweis: Zum 31.12.2009 löste sich der Verein in der Rechtsform als e.V. auf und arbeitet seit 01.01.2010 weiter unter dem Namen „Arbeitsgemeinschaft Bund der „Euthanasie“-Geschädigten und Zwangssterilisierten“. Die Inhalte der Arbeitsgemeinschaft sind angelehnt an die Vereinssatzung, jedoch nicht rechtlich verbindlich.

Spenden

Wie jede Organisation sind auch wir zur Durchführung unserer Arbeit auf Spenden angewiesen. Wenn Sie spenden wollen, finden Sie in der Rubrik Spenden alle notwendigen Informationen.